Drei Frauen, drei Fragen

Die drei neuen Entscheiderinnen im strategisch wichtigsten Gremium der Max Planck Schools

30. Januar 2023

Neue Impulse für den Lenkungsausschuss der Max Planck Schools: Das strategisch wichtigste Gremium der Max Planck Schools begrüßte kürzlich drei neue Mitgleider - Anita Schöbel, Anja Steinbeck und Ulrike Cress bringen fortan ihre Expertise und vielschichtigen Erfahrungen in den zentralen Steuerungskreis des deutschlandweiten Graduiertenprogramms mit ein. Im Interview möchten wir die drei Wissenschaftlerinnen nicht nur kurz vorstellen, sondern auch die Bedeutung eines solchen Entscheidungsgremiums - bestehend aus Vertreter:innen der an den Schools beteiligten Partnerinstitutionen - für das organisationsübergreifende Programm vermitteln.
 

Gremium: Ein Begriff der nach trockener Sitzung und durchgetakteten Tagungsordnungspunkten klingt. Dass aber eben solche Gremien eine entscheidende Rolle spielen, z. B. in dem sie strategische Entscheidungen für die zukunftsfähige (Weiter-) Entwicklung einzelner Organisationen, Programme und Initiativen treffen, zeigt nicht zuletzt auch der Lenkungsausschuss der Max Planck Schools. Seit Beginn der Pilotphase der Max Planck Schools 2018 tagt dieser zwei Mal jährlich und muss(te) oftmals kurzfristig Entscheidungen treffen, um auf die sich in einem Pilotprojekt ständig ändernden Rahmenbedingungen reagieren zu können – nahezu wie in einem richtigen Start-Up.

Der Lenkungsausschuss ist somit das wichtigste Entscheidungsgremium der Max Planck Schools. Er setzt sich zusammen aus Vertreter:innnen der beteiligten 24 Partneruniversitäten und der vier großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Nach dem Ausscheiden dreier Mitglieder, durfte der Lenkungsausschuss Ende 2022 drei neue Vertreterinnen begrüßen: Anita Schöbel, Direktorin am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik, Anja Steinbeck, Rektorin der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Ulrike Cress, Direktorin am Leibniz-Institut für Wissensmedien. Stellvertretend für ihre jeweilige Organisation treiben sie gemeinsamen mit den anderen Mitgliedern die Belange der Max Planck Schools voran und bringen ihre Expertise sowie vielschichtige Erfahrungen mit ein.

 

Im Geiste von „Drei Frauen, drei Fragen“ wollen wir die Gelegenheit nutzen, die neuen Mitglieder besser kennen zu lernen.

Anita Schöbel: Frau Schöbel, Sie sind Professorin für Angewandte Mathematik an der Technischen Universität Kaiserslautern, waren Professorin am Institut für Numerische und Angewandte Mathematik der Universität Göttingen und leiten seit 2019 Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik. Was können Sie aus Ihrer Arbeit an den Universitäten gewinnbringend für Ihre Tätigkeit an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung einbringen?

Das ist vor allem der Umgang mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit begeisterten Menschen, die sich in der Forschung im universitären oder im außeruniversitären Bereich engagieren. Gemeinsam entwickelt man neue Ideen, an was man mit welchen Methoden arbeiten möchte, organisiert Tagungen und Workshops, schreibt Anträge und freut sich über die erzielten Ergebnisse. Daneben hilft die schnelle Erfassung und Strukturierung von Zusammenhängen, die ich bei der Beschäftigung mit Mathematik gelernt habe. Vorträge halten und Ergebnisse präsentieren ist immer wichtig, an Universitäten und im außeruniversitären Forschungsbereich.

Jeden Herbst starten neue Promovierende an den drei Max Planck Schools. Oftmals müssen Doktorand:innen in dieser Phase verschiedene Hürden oder gar Rückschläge überwinden. Was war für Sie die größte Herausforderung während Ihrer Promotion und wie sind Sie damit umgegangen?

Bei mir waren es meine beiden Kinder. Mein Promotionsvorhaben habe ich 1994 begonnen, ungefähr gleichzeitig haben mein Mann und ich geheiratet.  Ein Jahr später kam unsere Tochter auf die Welt, 20 Monate danach unser Sohn. Direkt nach der Mutterschutzfrist bin ich nach den Geburten zurück an die Universität - mit einer halben Stelle. Vormittags war ich meistens an der Uni, nachmittags mit den Kindern unterwegs. Es gab aber viele Ausnahmen, z. B. für Seminare. Die Organisation der Betreuung war nicht immer einfach und eine halbe Stelle, die auch Arbeit in der Lehre beinhaltet, reicht zeitlich natürlich nicht für eine Promotion – das heißt, dass ich oft abends noch weiter gearbeitet habe. Einmal hatte ich eine entscheidende Idee bei einem meiner Spaziergänge mit Kinderwagen. Es war eine erfüllende Zeit, die ich in guter Erinnerung habe und dank der Unterstützung meines Mannes und meines Doktorvaters hat alles geklappt: 1998 (die Kinder waren inzwischen ein und drei Jahre alt) konnte ich mein Promotionszeugnis in die Hand nehmen.

Sie haben Mathematik und im Nebenfach Wirtschaftswissenschaften studiert. Eigentlich ideale Voraussetzungen, um eine Karriere in der Industrie oder freien Wirtschaft anzustreben. Was hat Sie letztlich dazu bewogen, in der Wissenschaft zu bleiben?

Die Antwort ist einfach: Meine Begeisterung für Mathematik! Es hat mir immer Spaß gemacht, Vorlesungen zu halten, neue Erkenntnisse zu gewinnen, an Fragestellungen zu knobeln, bis man ein Ergebnis auf dem Tisch hat, und es spornt mich bis heute an. Dabei bin ich ein großer Fan von anwendungsorientierter Forschung. Schon früher habe ich mich gefreut, wenn man das, was ich herausgefunden hatte, auch verwenden konnte. Beispielsweise bei meiner Diplomarbeit, in der ich ein neues Modell zur Tarifplanung im öffentlichen Verkehr entwickelt habe, das dann auch tatsächlich eingesetzt wurde. Während meiner Zeit an der Universität Göttingen habe ich mich eher mit theoretischen Fragestellungen,  z. B. zur robusten Optimierung, beschäftigt, aber auch dabei die Anwendungen nie aus den Augen verloren. Als Leiterin des Fraunhofer ITWM liegt mein Fokus auf dem Forschungstransfer von theoretischen Ergebnissen in die Wirtschaft. Hier begeistert es mich jeden Tag aufs Neue, zu sehen, wo Mathematik unser tägliches Leben verbessern kann: Gesundheit, Energie, Produktion, Fahrzeuge, Finanzen, Materialien – Mathematik ist so vielseitig! 

Anja Steinbeck: Frau Steinbeck, seit 2014 sind Sie Rektorin der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität – eine der neun tragenden Partneruniversitäten der Max Planck Schools – , waren unter anderem Richterin im Nebenamt am Oberlandesgericht Köln, sind seit 2020 Sprecherin der Mitgliedergruppe der Universitäten in der HRK und wurden im selben Jahr als „Hochschulmanagerin des Jahres“ ausgezeichnet. Hatten Sie Vorbilder oder gar Mentor:innen, die Sie auf Ihrem Werdegang inspiriert haben?

Ja, in meinen verschiedenen Lebensphasen gab es verschiedene Menschen, die meinen beruflichen Werdegang entscheidend geprägt haben. Zu nennen ist hier in allererster Linie mein Doktorvater, der mit der Idee auf mich zukam „an der Uni zu bleiben“. Er musste mir daraufhin erst einmal erklären, was das bedeutet: Habilitation verfassen, Aufsätze schreiben, Vorträge halten und dann in jedem Fall den Standort wechseln, da Hausberufungen damals ein „No-Go“ waren. Während der Habilitationszeit war die einzige weibliche Jura-Professorin ein Vorbild für mich. Sie hatte drei Kinder und das hat mir gezeigt: Es geht. Aber auch in den folgenden Jahren haben mich verschiedenste Personen immer wieder sehr beeindruckt.

Sie sind promovierte Juristin und forschten zum Thema Lauterkeits-, Marken- und Urheberrecht.
Was hat damals ihr Interesse an der Wissenschaft geweckt?

Ich habe während meines Referandardienstes und auch während meiner Habilitation bei einem Anwalt gearbeitet, der eine Koryphäe auf diesen Rechtsgebieten war. Seine Persönlichkeit sowie die Lebendigkeit der Fälle, diese zu entscheiden gilt, habe mein Interesse und meine Begeisterung geweckt. In diesem Bereich war ich später auch als Richterin tätig.

Wann haben Sie zum letzten Mal etwas zum ersten Mal gemacht und wie hat Sie dieses Erlebnis beeinflusst?

Kurz vor der Corona-Pandemie bin ich das erste Mal mit Skiern auf einen 4000er gestiegen (angeblich der einfachste 4000er, den es gibt). Mein Leben hat das nicht verändert, aber ich habe danach gedacht: Das hätte ich viel früher machen sollen. In meinem nächsten Leben werde ich Rektorin einer Universität in den Bergen.  

Ulrike Cress: Frau Cress, Sie sind Direktorin am Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen, Professorin an der dortigen Universität im Fachbereich Psychologie, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom Stiftung, Mitglied der ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) und demnächst auch Mitglied im Lenkungsausschuss der Max Planck Schools. Und dann benötigt auch Wissenschaft entsprechend ihren Freiraum. Dennoch hat auch Ihr Tag nur 24 Stunden – was tun Sie in ihrer Freizeit, um zwischen all diesen Aufgaben und Tätigkeiten zur Ruhe zu kommen?

Das ist in der Tat nicht ganz einfach. Ich versuche regelmäßig schwimmen zu gehen. In meinem Wohnort in Stuttgart Bad Cannstatt gibt es ein wunderbares Mineralbad, mit naturkühlem Wasser. Das erfordert vor allem im Winter etwas Überwindung. Aber es lässt einen alle Belastungen des Alltags auch schnell vergessen und ist eine ganz hervorragende Abwechslung zum Forschungsalltag!

Die Max Planck Schools sind ein neues Graduiertenprogramm für Wissenschaftler:innen in frühen Karrierephasen. Welchen Rat geben Sie jungen Forschenden, um den eigenen Weg oder vielleicht sogar das eigene Forschungsthema finden zu können?

Arbeiten Sie in einem kreativen, erfolgreichen Forschungsteam. Das gibt die Basis für eigene gute Forschung!! Ein Thema, an dem man ganz alleine arbeitet, überfordert und frustriert.

Über welches (nicht-wissenschaftliche) Thema könnten Sie eine 30-minütige Präsentation halten, ohne jede Vorbereitung?

Vorträge ohne Vorbereitung finde ich zumeist nicht sehr erquicklich. Deshalb würde ich mich eher hüten, so einen zu halten!

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